Ausgepresst wie eine Zitrone
Auch scheute sie die Vorstellung, mit welchen Problemen sie in Zusammenhang mit der Erhaltung des Grundbesitzes konfrontiert werden könnte. Das Mehrfamilienhaus wurde 1952 errichtet. Die Probleme bezüglich der energetischen Sanierung sind hinreichend bekannt. Das wollte Frau V sich nicht mehr antun. Daher der Entschluss zum Hausverkauf.
Sie beauftragte einen Makler damit, einen Käufer für das 7-Familienhaus zu finden. Der Makler fertigte eine Objektbeschreibung. Basierend auf Mieteinnahmen von 28.140, - € kalkulierte er für die Liegenschaft einen Kaufpreis von 409.000, - €. So wurde das Objekt offeriert. Auf das Angebot meldete sich der Kaufinteressent K. Einer, der das Immobilien-
geschäft gewerblich betreibt. Und es kam zu Verkaufsverhandlungen. Zunächst drückte K den Kaufpreis von ursprünglich 409.000, - € um 29.000, - € auf 380.000, - €.
Bei der Besichtigung des Objektes durch K kam es zu Komplikationen. Ein Mieterverweigerte den Zutritt zur Wohnung. Dies war Veranlassung für K sein Kaufangebot von 380.000,- € um weitere 25.000,- € auf 355.000,- € zu senken. Auf dieser Basis wurde dann im Januar 2023 der notarielle Kaufvertrag abgeschlossen. Der Kaufpreis floss. Und damit gingen Besitz und Nutzungen auf den Käufer über.
Frau V glaubte nun, damit sei die Angelegenheit für sie erledigt. Sie irrte sich. Denn im November 2023 meldete sich bei ihr Herr K. Und wollte nachträglich einen weiteren Discount auf den Kaufpreis in Höhe von 17.497,81 €. Mit abenteuerlicher Begründung: „Zur Kaufpreisfindung diente u.a. die von Ihnen vorgelegte Mietaufstellung mit einer Kaltmiete i.H.v. 2.360,00 EUR pro Monat, was einer Jahresmiete von 28.320,00 Eur entspricht. Setzt man die Kaltmiete ins Verhältnis zum Kaufpreis erhält man demnach einen Kaufpreisfaktor von 12,54.“ Und basierend auf diesem Wert ermittelte K für sich eine Nachforderung in Höhe von 17.497,81 €. Eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises.
Frau V zahlte nicht und wies die Nachforderung als unberechtigt zurück. K ließ nicht locker. Er beauftrage eine Rechtsanwaltskanzlei mit dem Inkasso. Diese forderte Frau V auf bis längstens zum 07.12.23 die 17.492,21 € zu zahlen, mit gleicher Begründung wie der Mandant.
Nach welchen Regeln ein Kaufpreis herabgesetzt ist, ist in§ 441 Abs. 3 BGB geregelt. „Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsabschlusses der Wert der Sache in mangelfreien Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde“. Nur diese Konstellation ist relevant. Mit Kaufpreisfaktoren zu argumentieren ist Hokuspokus und im Zusammenhang damit, den stattlichen Betrag von 17.491,81 € herauszupressen zu wollen, ist verwerflich.
Frau V hatte nun ihrerseits anwaltschaftliche Hilfe in Anspruch genommen. „Die Parteien eines Kaufvertrages treffen nachvertragliche Treuepflichten. Der anwaltliche vertretene Käufer musste wissen, dass die Verkäuferin den nachträglich angeforderte Betrag nicht schuldet. Daher war Frau V berechtigt vom Käufer die ihr entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 1.214,99 € zu fordern.
K gab klein bei. Er erklärte, dass er sich keiner Forderungen gegenüber von Frau V berühme und erstattete ohne weiteren Kommentar die Anwaltskosten. Aus Sicht der Verkäuferin hatte sie ihren Vertragspartner genügend Rabatte gewährt. Die unberechtigte Forderung nach Vertragsabschluss brachte das Fass zum überlaufen. Die Verkäuferin hatte es satt sich wie eine Zitrone auspressen zu lassen.