VERSICHERUNGSRECHT – GUTACHTERKOSTEN 15.600, - €
Ich möchte von einem Fall berichten. Er war Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens beim Amtsgericht Neunkirchen.
Dieser Angelegenheit liegt nachstehender Sachverhalt zugrunde.
Herr A ist Eigentümer eines in der Gemeinde Göttelborn gelegenen Hausanwesens.
Herr A hat für seine Liegenschaften zwei Versicherungsverträge abgeschlossen.
- bei dem B-Versicherungsverein aG eine Wohngebäudeversicherung
- bei der B-Rechtsschutzversicherungs AG eine Rechtsschutzversicherung
Zu Beginn des Jahres 2021 traten an dem Gebäude massive Schäden auf. Der Erker löste sich vom Hauptgebäude. Um den zentimeterbreiten Spalt zu verschließen waren lt. einem Kostenvoranschlag der Verpresserfirma Kosten von etwa 4.000, - € zu erwarten.
Göttelborn liegt im Einwirkungsbereich des untätigen Bergbaus durch die RAG. So lag es für Herrn A auf der Hand, den Schaden beim Bergbaubetreibenden anzu-
melden.
Von dort kam eine Ablehnung:
„der Abbau wurde vor über 60 Jahren eingestellt. Senkungen jetzt können nicht mehr auf Aktivitäten beruhen, die vor Jahrzehnten beendet wurden.“
Eine Einlassung, durchaus plausibel.
Also mit Schadensersatzansprüchen gemäß § 114 B BergG war nichts. Vielleicht ging etwas über die Versicherung.
Ich ließ mir nachstehende Unterlagen vorlegen:
- Versicherungspolice Gebäudeversicherung mit Versicherungsbedingungen
- Versicherungspolice Rechtsschutzversicherung mit Versicherungsbedingungen
Bei der ersten Versicherung war auch das Risiko Elementarschäden abgedeckt. Und dort wurde als Haftungsgrund Erdsenkungen genannt. Und das war der Einstieg, die Schäden am Gebäude bei dem B-Versicherungsverein aG anzumelden.
Von diesem erhielten wir prompt eine Absage mit der Begründung, der Versicherungsnehmer müsse die von ihm behauptete Schadensursache beweisen. Und hier kommt die Rechtsschutzversicherung AG ins Spiel. Bei dieser sind Risiken rund um das Haus versichert. So auch für Streitigkeiten rund um den Gebäudeversicherungsvertrag.
Und ist unklar ob ein gemeldeter Schaden aufgrund versicherten Erdsenkungen vorliegt, entspricht es der Rechtsanwaltskunst die Differenzen durch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens bei Gericht zu klären.
Bedingungsgemäß gewährte der Rechtsschutzversicherer Deckungszusage für eine solche Prozedur.
Und dann ging es los mit nachstehenden Anträgen gemäß Schriftsatz vom 23.06.2022.
- An dem Gebäude sind Risse aufgetreten
- Diese sind auf Erdsenkungen zurückzuführen
- Welche Kosten sind erforderlich, um Schadensursachen und Schadensfolgen
zu beseitigen
Das Amtsgericht Neunkirchen erließ einen gleichlautenden Beweisbeschluss.
Nach Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 1.800, - € beauftragte das AG Neunkirchen einen von der Industrie- und Handelskammer Essen bestellten und vereidigten Sachverständigen für Schäden und Bergschäden an Gebäuden.
Und dieser Herr teilte dem Gericht mit, dass für die Begutachtung
- Ortstermin, Einsicht in das Grubenbild
- Erstellung eines Bodengutachten voraussichtliche Kosten in Höhe von
15.600, - € anfallen.
Nach kurzer Schockstarre über diesen immensen Betrag wegen eines Schadens von knapp viertausend Euro, reifte die Überlegung, den Fall nicht unbedingt juristisch
sondern wirtschaftlich, zu lösen.
Meine Überlegungen waren:
Die B-Wohngebäude- und die B-Rechtsschutzversicherung sind Teile der B-Holding. Die Kosten, die beiden Versicherungszweigen entstehen, fallen letztlich der B-Holding zur Last.
Und so ergab sich nachstehendes Rechenwerk.
- Käme das Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Rissbildung auf Subrosion
zurückzuführen ist, würde dies die Versicherung alleine für Schadensregulierung
und Gutachterkosten ca. 4.000, - € + 15.600, - € also fast 20.000, - € kosten.
- könnte die Erdsenkung nicht nachgewiesen werden, braucht die B-Wohn-
gebäudeversicherung keinen Schaden zu ersetzen.
Die B-Rechtschutzversicherung hätte aber Gutachterkosten von 15.600, - € am Bein.
Bei diesen Aussichten schien es sinnvoll zu sein, den Fall kostengünstig zu lösen. Also den Schaden zu regulieren, nämlich viertausend Euro zu zahlen und das Gerichtsverfahren zu beenden. Das heißt Gutachterkosten in Höhe von 15.600, - € zu vermeiden.
Ein von mir unterbreiteter Vergleichsvorschlag wurde von der Gegenseite akzeptiert:
Mit folgenden Konsequenzen:
- ein zufriedener Versicherungsnehmer, da er seine 4.000, - € bekam.
- eine zufriedene B-Versicherung, die Gutachterkosten in nicht unerheblicher
Höhe gespart hat - ein wahrscheinlich nicht zufriedener Gutachter, dem ein voluminöser Auftrag
durch die Lappen ging
Rechtsanwalt Hans-Joachim Hoffmann
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