„Bergbau tatsächlich beendet?“
- Bergschadenskonferenz 2013 -
„Bergbau tatsächlich beendet?“ Das war das Thema eines Vortrages, zu dem die Bergschadenskonferenz anlässlich ihrer diesjährigen Versammlung am 05. Mai 2013 einlud. Als Vortragsreferenten konnte Landesverbandsvorsitzender Dr. Michael Weiskopf den ehemaligen Markscheider des Bergwerks
Reden und jetzigen Leiter des Museums „Das Erbe“ Herrn Karl Kleineberg sowie den Ehrenvorsitzenden des Landesverbands Haus & Grund Saarland, Herrn Rechtsanwalt Hans-Joachim Hoffmann begrüßen.
In seinem Vortrag gab Karl Kleineberg zunächst einen einführenden Überblick über die bestehende Situation nach Ende des Bergbaues. Insbesondere widmete er sich der Frage, in wie weit die Wasserhaltung negative Einflüsse auf die Bebauung des Saarlandes ausüben könne. Immerhin seien 20 % des Saarlandes, also etwa 500 km² vom Bergbau betroffen. Unter dieser Fläche sei bis zur Beendigung des Bergbaues Kohle abgebaut worden. Derzeit bestehe das Problem des Grubenwassers, welches zurzeit noch kontrolliert werde. Die Kosten für das Abpumpen des Grubenwassers beliefen sich auf ca. 15 Millionen € jährlich, sodass nach wie vor von einem stabilen Bewegungszustand auszugehen sei.
Allerdings, so Herr Kleineberg, habe die RAG/DSK bereits die Wasserhaltung im ehemaligen Bergwerk Ensdorf eingestellt, wodurch das Wasser stetig ansteige. Die Planungen sähen einen langfristigen Anstieg in mehreren Stufen vor, um Wasserhaltungskosten einzusparen. Die Bergbaubehörden würden alle Schritte in vorzulegen-den Betriebsplänen einzeln prüfen und entscheiden.
Breiten Raum gab Herr Kleineberg dem möglichen Gefahrenpotential, welches durch die Einstellung der Wasserhaushaltung eintreten könne. Insbesondere würde das Restsenkungsvolumen aktiviert mit der Folge von Bodenbewegungen und neuen Bergschäden. Ansteigendes Wasser gefährde alle oberflächennahen nicht standsicher verfüllten Grubenbaue. Desweiteren ging Herr Kleineberg davon aus, dass durch das Einstellen der Wasserhaushaltung es zu unkontrollierten Anstiegen und Austritten von Grubengas kommt und insbesondere auch salzhaltiges Grubenwasser mit dem Grundwasser vermischt werden kann.
Die Auswirkungen seien derzeit noch nicht vorhersehbar. Um mögliche Auswirkungen beurteilen zu können, wäre zunächst eine vollständige Dokumentation sowohl des Grubenwasseranstiegs als auch der Veränderungen innerhalb der Grundwasserstockwerke des Deckengebirges erforderlich. Insbesondere ging Herr Kleineberg davon aus, dass mit dem bewussten Grubenwasseranstieg ein bergbaurechtlicher Vorgang ausgelöst werde, der erneut die volle Bergschadensvermutung für das gesamte jemals unterbaute Gebiet hervorrufe.
Demgemäß haften die Bergbauunternehmen für Schäden aus einem Anstieg von Grundwasser auf der Basis § 114 I BBergG. Herr Kleineberg empfahl den Mitgliedern von Haus & Grund, insbesondere den betroffenen Ortsvereinen sich an den Vorstand von RAG/DSK mit der Einforderung von umfassenden
Informationen über die betroffenen Gebiete, den Umfang des Grubenwasseranstieges sowie die zeitliche Perspektive zu wenden. Durch die bereits eingestellte Wasserhaltung in Ensdorf sei der Prozess eingeleitet, sodass auch zukünftig mit dem erneuten Ansteigen von Grubenschäden zu rechnen sei. Die seiner Zeit durchgeführten Endregulierungen seien Zwischenzustände, die erneut zur Aufhebung der Verjährung führten.
Herr Rechtsanwalt Hans-Joachim Hoffmann stellte in seinem Vortrag verschiedene Fallkonstellationen dar, aus denen sich die Arbeit der Bergschadensabteilung sowie die Möglichkeiten der Bergschadensregulierung ergaben. So berichtete er u. a. folgendes:
„Der Papageienfall"
Im Saarland ist die Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten aus Berg-schadensersatzansprüchen eingerichtet. Diese kann angerufen werden, wenn sich Geschädigte und RAG nicht einigen können. Üblicherweise werden dort Fälle verhandelt, die etwas mit Gebäudeschäden im Zusammenhang
mit bergbaulichen Akti-vitäten zu tun haben. Entschädigung für Schieflagen sind häufig Thema, ebenso in Mitleidenschaft gezogene Verputze, Risse in Glasbausteinen und Fliesen.
Es gibt aber auch Fälle, die aus dem Rahmen fallen, wie der Nachstehende.
Der Geschädigte beantragte bei der Schlichtungsstelle, der RAG aufzugeben, einen Riss in der Wohnzimmerwand zu verschließen, anschließende Schönheitsreparaturen (Tapezieren) auszuführen und den Kaufpreis für die Beschaffung eines Papageis zu erstatten.
Was war nach Vortrag des Antragstellers passiert?
Plötzlich krachte es im Wohnzimmer. Es bildete sich ein Wandriss und durch die Erschütterung fiel ein Bild von der Wand. Infolge des Getöses fiel der vom Antragsteller gehaltene Papagei tot um. Der Antragsteller meldete die Schäden beim Bergbautreibenden.
Es müsste der Wandriss verschlossen und die Tapete ausgebessert werden. Diese Positionen bereiteten bei der Regulierung keine Schwierigkeiten. Aber der Papagei. Hier wurde vehement bestritten, dass bei der Rissbildung ein Bild von der Wand fiel, und wenn, dass dadurch bedingt, ein Papagei das Zeitliche segnete. Diese Ignoranz brachte die Emotionen des Antragstellers zum Kochen. Er wollte den Tod eines geliebten Tieres irgendwie gesühnt wissen.
Dem Schlichter gelang es, nach hitzigen Debatten die gegensätzlichen Interessen unter einen Hut zu bringen. Der Bergbautreibende zahlte dem Antragsteller den Kaufpreis für einen Ersatzpapagei, damit wurde den verletzten Gefühlen des Tierfreundes genüge getan. Der Antragssteller verzichtete auf Rissverschließung und Ausbesserung der Tapete. Damit wurde der Ersatzpflichtige von Kosten freigestellt, welche die Aufwendungen für die Beschaffung eines Ersatzvogels überstiegen. Die nicht alltägliche Einigung stellte schließlich alle Beteiligten zufrieden.
An die Vorträge schloss sich eine lebhafte Diskussion an, bei der sowohl Herr Karl Kleineberg als auch Herr Rechtsanwalt Hans-Joachim Hoffmann eine Reihe von Fragen beantworteten.
HuG Saarland 2013/RA HJHoffmann