Scheinzypressen
Ausgangspunkt meiner Betrachtungen ist ein Streit zwischen Nachbarn. Der Fall landete beim Landgericht Saarbrücken. Er ist zwischenzeitlich rechtskräftig entschieden.
Dem A gehört ein in St. Ingbert gelegenes Grundstück. Auf diesem sind zwei Scheinzypressen gepflanzt. Laut Gutachten, das im Prozess vorgelegt wurde, werden die beiden Pflanzen wie folgt beschrieben:
- Scheinzypresse:
Baumhöhe ca. 13 Meter
Kronendurchmesser: 4 Meter
eine Kappstelle in 5 Meter Höhe
von der Grundstücksgrenze ca. 4 Meter entfernt - Scheinzypresse:
Baumhöhe ca. 12 Meter Kronendurchmesser 5 Meter
Eine Kappstelle in 5 Meter Höhe
Tiefzwiesel (aus dem Stammfuß wachsen 2 Triebe)
von der Grundstücksgrenze ca. 4 Meter entfernt
Dem B gehört das Nachbargrundstück. Er fühlt sich durch die Bäume in seinen Rechten als Grundstückseigentümer belästigt.
Seine Argumentation:
- Scheinzypressen gehören in den Wald und nicht in den Garten
- durch die Höhe der beiden Bäume bestünde bei Umsturz eine große Gefahr für Leib und Leben der Bewohner seiner Liegenschaft. Ein Abstand von nur vier Meter von der Grundstücksgrenze könnte großen Schaden an seinem Wohnhaus anrichten, wenn er fällt
- Die Pflanzen seien durch Alter, Aufwuchs (Zwiesel) und künstliche Eingriffe (Kappung) instabil.
Zunächst verlangt B von A den Rückschnitt der beiden Scheinzypressen auf 6 Meter. A lehnt dies aus nachstehenden Motiven ab:
- Die gewünschte Kürzung der 13 bzw. 12 Meter hohen Bäume stelle ein Frevel an der Natur dar
- Durch den Rückschnitt nehme man den in den Baumkronen lebenden Tieren den Lebensraum.
Ein von B in die Wege geleitetes Schiedsverfahren endete ergebnislos. Folgerichtig landete die Angelegenheit beim Landgericht Saarbrücken (AZ 8.0 16/21).
Der Klageantrag lautete zunächst:
- Rückschnitt der beiden ca. 4 Meter von der Grundstücksgrenze entfernten Scheinzypressen auf 6 Meter.
- Später wurde der Klageantrag geändert. Nunmehr forderte der B nicht nur die Kürzung sondern das Fällen der Bäume.
Das Gericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Es sollte geklärt werden, ob die beiden Bäume umzustürzen drohen.
Der Experte kam zu dem Ergebnis, dass die vor Jahren auf 5 Meter vorgenommenen Kürzungen der Bäume zu einer Instabilität der Gewächse führte. Auch der Aufwuchs als Zwiesel ist statisch bedenklich.
Ob die Gefährdung akut oder latent ist, brauchte nicht mehr geklärt zu werden.
Sinngemäß heißt es in der Entscheidung: „Der Eigentümer, dessen Eigentum beeinträchtigt wird, kann von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, kann dann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. Für den zuletzt genannten Unterlassungsanspruch muss die Beeinträchtigung nicht etwa bereits eingetreten sein. Bildet sich auf einem Grundstück eine konkrete Gefahrenquelle für die Nachbargrundstücke, die ein Einschreiten geboten erscheinen lässt, dann muss der Eigentümer des gefährdeten Grundstücks nicht etwa zuwarten, bis sich die Gefahr verwirklicht hat. Vielmehr kann er dann im Wege der vorhergehenden Unterlassungsklage gegen den Nachbarn vorgehen.
Trotz dieser Vorgaben blieb B der Erfolg seiner Klage versagt. Denn grundsätzlich ist es dem Störer überlassen, wie er eine bereits eingetretene Eigentumsbeeinträchtigung beseitigt oder eine drohende Beeinträchtigung verhindert.
Eine Ergreifung einer konkreten Maßnahme kann der Eigentümer nur verlangen, wenn sich die Eigentumsstörung nur auf diese Weise beseitigen oder verhindern lässt.
Der zuvor zitierte Experte hat vorgeschlagen, die Baumkrone zu stabilisieren, um der Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht Genüge zu tun.
Sind mehrere Sanierungsvarianten gegeben, können die bedrohten Eigentümer dem Störer nicht vorschreiben, was er zu tun hat.
Folgerichtig hat das Landgericht Saarbrücken die Klageanträge
- Fällen der Bäume
- Kürzen der Bäume auf 6 Meter
zurückgewiesen.
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