Werbung und Gratiszeitungen unerwünscht
Informationelle Selbstbestimmung
Mindestens einmal die Woche kommt ein Bote mit kostenfreien Anzeigenblättern oder mit Werbeprospekten. Die verstopfen die Briefkästen, landen vielfach ungelesen im Müll – bestenfalls in der Papiertonne – und nehmen dort unnötig viel Platz weg. Briefkastenbesitzer können sich jedoch gegen die unerwünschte Werbung wehren.
Dass „Werbung durch Einwurf von Handzetteln in die Briefkästen potenzieller Kunden grundsätzlich nicht beanstandet werden kann“, hat der BGH mit seinem Grundsatzurteil vom 20. Dezember 1988 (VI ZR 182/88) klargestellt. Es könne nicht per se davon ausgegangen werden, dass der Briefkastenbesitzer diese Art der Werbung ablehnt. Wer jedoch auf seinem Briefkasten einen „Keine Werbung“-Aufkleber anbringt, mache damit deutlich, dass er den Einwurf von Werbung nicht erwünscht. Dieser Wunsch des Adressaten sei von Zustellern zu berücksichtigen. Verstößt der Werbende gegen den erkennbaren Hinweis, so verletzt er das Eigentum oder den Besitz sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers. Er kann zur Durchsetzung dieser Rechte gemäß § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB einen Unterlassungsanspruch gegen den Werbenden geltend machen. Nicht nur selbstnutzende Eigentümer, sondern auch Mieter dürfen ihren Briefkasten mit einem solchen Aufkleber kennzeichnen, so das Amtsgericht München (Urteil vom 11. Januar 1989, 223 C 40534/88). Allerdings dürfen vermietende Eigentümer die Zustellung von Werbung nicht schon an der Haustür per Aushang unterbinden oder an den Briefkasten des Mieters entgegen seinen Willen einen Aufkleber anbringen. Auch der Empfang von Werbung gehört zum normalen Postempfang und somit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung.
Gratiszeitungen sind nach überwiegender Rechtsprechung keine Werbung, da sie einen redaktionellen Teil enthalten. Um diese abzuwehren, reicht ein Aufkleber „Bitte keine Werbung einwerfen“ nicht aus. Vielmehr muss sich ein deutlich sichtbarer expliziter Hinweis wie „Bitte keine Werbung und keine kostenlosen Zeitungen einwerfen“ am Kasten befinden (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012, I ZR 158/11).
Wer seinen Unterlassungsanspruch durchsetzen will, sollte den Absender kontaktieren und unter Berufung auf das BGH-Urteil von 1988 verlangen, ihre eindeutig geäußerte Willenserklärung zukünftig zu akzeptieren und weitere Zustellungen zu unterlassen. Es ist die Pflicht der Unternehmen und Verlage, auf ihre Zusteller so einzuwirken, dass diese den Willen der Briefkasten-Inhaber akzeptieren. Das gilt auch, wenn der Willen nur in Form eines Schreibens bekundet wurde und gar kein Aufkleber vorhanden ist (Landgericht Lüneburg, Urteil vom 30. September 2011, 4 S 44/11).
So muss der Briefkasten aussehen:Jeder Mieter hat Anspruch auf einen eigenen Briefkasten, auch wenn dieser nicht im Mietvertrag als Mietgegenstand aufgeführt ist. Ein durch Alter oder Beschädigung unbenutzbarer Briefkasten ist ein Mietmangel und rechtfertigt eine Mietminderung um ein Prozent (OLG Dresden, Urteil vom 17. Juli 1996, 1 U 696/96, AG Mainz, Urteil vom 6. Mai 1996, 8 C 98/96).) DIN-A4-Umschläge oder Zeitschriften müssen problemlos in den Kasten passen, ohne dass sie geknickt oder sonst verkleinert werden müssen (AG Charlottenburg, Beschluss vom 16. Mai 2001, 27 C 262/00; AG Frankfurt am Main, Urteil vom 9. März 2016, 33 C 3463/15; LG Berlin, Urteil vom 11. Mai 1990, 29 S 20/90). |