Kommentar

Feigenblatt

Es gibt Aufgaben, die uns Raum für Kreativität und eigene Ideen lassen. Wir können überlegen, ausprobieren, unterschiedliche Wege einschlagen – und am Ende gibt es mehrere Lösungen, die funktionieren. Doch manchmal ist das anders: Dann ist das Ziel von vornherein festgelegt, und jede Abweichung führt ins Leere. So wie bei einer einfachen Rechenaufgabe: Zwei plus zwei ergibt nun einmal vier – und nichts anderes. Oder wie bei einem Puzzle, bei dem genau ein Stein fehlt. Nur das richtige Teil fügt sich ein, alles andere passt nicht. Solche Aufgaben zeigen uns, dass nicht immer Freiheit in der Gestaltung möglich ist – manchmal geht es einzig darum, das einzig gewünschte Ergebnis zu erreichen.

Genau so verhält es sich derzeit mit der Mietrechts-Expertengruppe im Bundesjustizministerium. Liest man den Koalitionsvertrag, könnte man den Eindruck gewinnen, hier werde offen diskutiert und nach ausgewogenen Lösungen gesucht. In Wahrheit jedoch ist die Aufgabe so zugeschnitten, dass am Ende nur ein einziges Ergebnis herauskommen kann – nämlich das, was Bundesjustizministerin Stefanie Hubig von Anfang an wollte: neue Ordnungswidrigkeitstatbestände, mit denen Vermieter bestraft werden können. Die Expertengruppe wird damit nicht zu einem Ort freier Debatte, sondern zu einem Feigenblatt der Regierung – und verdeckt nur, dass die Modernisierung des Mietwohnungsmarktes bewusst verhindert wird.

Kai H. Warnecke,
Präsident Haus & Grund Deutschland

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